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Das Rennen zu den Wolken

Das zweitälteste Motorsport-Event in den USA, nur getoppt vom Indy 500? Lesen Sie weiter und finden Sie es heraus...

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Die Champs kommen nach Colorado
Der „Pikes Peak International Hillclimb“, auch blumig als „Das Rennen zu den Wolken“ bezeichnet, ist schlicht legendär. Die  Veranstaltung zieht alljährlich für ein Wochenende im Juni die Aufmerksamkeit der internationalen Motorsport-Welt auf sich.

Das war nicht immer so. Erstmals 1916 ausgetragen, wurde die traditionsreiche Rennserie in Colorado während der ersten sieben Jahrzehnte von amerikanischen Teilnehmern dominiert. Das änderte sich schlagartig 1984, als das Event die ersten europäischen Fahrer anlockte.

Darunter zwei große Namen im Rallysport: Rallycross-Ass Martin Schanche und Rallye-Star Michele Mouton. Beide nutzten für den Aufstieg modifizierte Versionen ihrer üblichen Wagen. „Mr. Rallycross“ Schanche fuhr einen Ford Escort Mk3 4x4, während Mouton einen Audi Quattro nutzte, mit dem sie schon Siege in der Rallye-WM eingefahren hatte. Bei ihrem ersten Besuch des Pikes Peak war es Schanche (der auf eigene Kosten und ohne Team nach Amerika reiste - und sogar seinen Escort vom Flughafen zur Rennstrecke und zurück fuhr!), der im Training die schnelleren Zeiten fuhr. Aber sein Versuch, den Sieg zu erringen, wurde zunichte gemacht, weil er nach einem Reifenschaden vorne rechts den Großteil der Bergstrecke auf nur drei Rädern bewältigen musste.

Mit der Unterstützung der Werks-Crew von Audi gewann Mouton ihre Klasse als Zweite der Gesamtwertung und kehrte 1985 zurück, um mit einer neuen Rekordzeit den Gesamtsieg zu erringen. Sie war die Erste in einer Reihe internationaler Stars, die den Pikes Peak in Angriff nahmen und eroberten.

Zwei Jahre später bescherte Walter Röhrl Audi einen weiteren Sieg. Es folgte der vielleicht berühmteste Triumph am Pikes Peak, als der Sieg von Ari Vatanen in seinem Peugeot 405 T16 in dem Kurzfilm „Climb Dance“ verewigt wurde.

Die Filmaufnahmen zählen immer noch zu den spektakulärsten des Motorsports.

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Helden aus Fernost
Während der 1990er und 2000er Jahre wurden die Rennen von zwei Fahrern dominiert, die erstaunlicherweise weder Amerikaner noch Europäer waren: Der Neuseeländer Rod Millen und Japans Nobuhiro Tajima, beide professionelle Rallye-Fahrer, profilierten sich als echte Pikes Peak-Experten.

Millen gewann zwischen 1994 und 1999 fünfmal mit Toyota, und seine Rekordzeit von 10 Min. 4,060 Sek., die er beim ersten Sieg erzielte, wurde erst 2007 gebrochen. Tajima, auch bekannt unter dem Spitznamen Monster, durchlief die Suzuki Motorsport-Programme (inklusive des WRC mit Pirelli Reifen) und eroberte in den 1990ern zweimal den Pikes Peak, bevor er das Rennen ab 2006 gleich sechsmal in Folge gewann.

In dieser Zeit wurden immer mehr Abschnitte des Kurses asphaltiert. Für einige Fans hat dies den Charakter von Pikes Peak beeinträchtigt, aber ein Nebeneffekt der Veränderung ist, dass die Zeiten noch schneller wurden - der Kurs allerdings noch unversöhnlicher.

2012 wurde das Rennen zum ersten Mal komplett auf Asphalt ausgetragen, und ein neuer Rekord von Rhys Millen, dem Sohn von Rod, aufgestellt. Dann startete 2013, fast 30 Jahre nach Mouton, eine weitere WRC-Legende aus Frankreich am Pikes Peak und zerschlug diesen Rekord: Sebastien Loeb. In dem eigens dafür gebauten Peugeot 208 T16 unterbot er die Zeit von Millen Junior um unfassbare eineinhalb Minuten. Kaum zu glauben: Loeb war sogar schneller, als es selbst die Computersimulation von Peugeot für technisch möglich hielt. Seitdem holte Rhys Millen sich 2015 den ersten Gesamtsieg mit einem Elektroauto und Sebastien Loebs Landsmann Romain Dumas gewann vier Mal in fünf Jahren. 
In Juni 2018 jagte Romain Dumas die 19,9 Kilometer lange Strecke im elektrischen Volkswagen I.D. R in der neuen Fabelzeit von 7:57,148 Minuten hinauf. Damit unterbot er den Rekord des Rallye-Rekordweltmeisters Sebastien Loeb aus dem Jahr 2013 um mehr als 16 Sekunden.

Aber auch in der SUV-Klasse wurde 2018 ein neuer King Of The Hill gekrönt. Der zweifache Pikes Peak-Champion Rhys Millen unterbot am Steuer eines Bentley Bentayga den bisherigen Rekord für Serien-SUV um fast zwei Minuten. Der mit Pirelli Reifen ausgestattete Luxus-SUV erreichte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von107 km/h und benötigte 10:49,9 Minuten. 
Die Änderungen des Pikes Peak-Bentley gegenüber dem Serienmodell waren dabei überschaubar: Die Rücksitze wurden entfernt, die Vordersitze durch Rennsitze ausgetauscht und ein Überrollkäfig sowie ein Feuerlöschsystem installiert. Zudem wurde ein Akrapovic Sportauspuff eingebaut. Das war alles an nötigen Vorbereitungen für eine weitere spektakuläre Rekordfahrt in die  Wolken.