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Winterreifen: Märchen und Wahrheit - Das sollten Autofahrer*Innen wissen

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Gehören Sie zu den Winterreifen-Experten? Testen Sie Ihr Wissen, indem Sie folgende Aussagen mit Stimmt oder Stimmt nicht beurteilen:

Smiley face
  • Man erkennt Winterreifen an der M+S-Markierung auf der Seitenwand.
  • In Deutschland herrscht allgemeine Winterreifen-Pflicht.
  • Schmale Winterreifen sind besser als breite.
  • Winterreifen sind nicht für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt.
  • Winterreifen benötigen einen höheren Reifendruck.
  • Mit Winterreifen verbraucht das Auto mehr Kraftstoff.

Nach der Lektüre der folgenden Abschnitte werden Sie wissen, welche der obigen Behauptungen reine (Winter-)Märchen sind.

Sicherer und wirtschaftlicher: Winterreifen bei Kälte im Vorteil 

Sinken die Temperaturen in der Nacht auf wenige Grade über dem Gefrierpunkt, ist es Zeit, sein Auto auf Winterreifen umzurüsten. Denn ihre weiche Gummimischung wird bei Minusgraden nicht hart und spröde. Zudem enthält ihr Profil Klötze und Lamellen. Aufgrund dieser Kombination haften sie auf laubverschmierter, verschneiter oder angeeister Fahrbahn besser. „Ihre Bremswege auf Nässe sind etwa zehn Prozent kürzer, auf Schnee sind es rund 20 Prozent“, erläutert Norbert Allgäuer-Wiederhold, Produktspezialist beim Reifenhersteller Pirelli. „Zudem ist ihre Zugkraft deutlich höher.“ Weitere Vorteile sind die höhere Fahrstabilität, besonders in Kurven, das bessere Handling, der geringere Profilabrieb sowie die höhere Laufleistung. Winterreifen sind in der kalten Jahreszeit also nicht nur sicherer, sondern auch wirtschaftlicher. Und aufgrund ihrer niedrigen Rollwiderstandswerte erhöhen die Winterreifen führender Hersteller den Kraftstoffverbrauch des Autos nicht.

Wann neue Winterreifen fällig sind

Zwar verlangt der Gesetzgeber als Mindestprofiltiefe lediglich 1,6 Millimeter Restgummi. Doch externe Experten wie der ADAC warnen: Die gesetzlich festgelegte Profilgrenze biete nur einen Rest an Sicherheit. Bei Winter- oder Ganzjahresreifen sollte das Profil mindestens vier Millimeter aufweisen. Sonst werde es bei Nässe, Schnee oder Schneematsch kritisch. Und selbstverständlich müssen Winterreifen ersetzt werden, die Beulen, tiefe Risse oder Profilabtrennungen aufweisen.

Wenigfahrer müssen auf das Herstellungsdatum der Reifen achten

Moderne Winterreifen enthalten Alterungsschutzmittel. Daher ändern sich ihre Gebrauchseigenschaften bei normaler Nutzung und Nutzungsdauer kaum. „Dennoch greift der in der Luft enthaltene Sauerstoff das Reifengummi an. Das kann über die Jahre die Eigenschaften eines Reifens beeinträchtigen“, weiß Norbert Allgäuer-Wiederhold. „Das Grip-Niveau sinkt, die Bremswege werden länger, das Kurvenverhalten schlechter.“ Wenigfaher*Innen, die ihr Auto nicht täglich nutzen, sollten daher nicht nur auf die Profiltiefe achten, sondern auch auf das Alter der Reifen. Ein Blick auf deren Flanke lässt erkennen, wie alt er ist. Hinter dem Kürzel DOT steht das Produktionsdatum. Die vier letzten Ziffern geben Kalenderwoche und Jahr an. So bedeutet die Zahlenfolge 3414: Der Reifen wurde in der 34. Woche des Jahres 2014 produziert. Der ADAC empfiehlt, Pkw-Reifen nicht länger als zehn Jahre zu nutzen.

Neue Winterreifen nicht sofort voll belasten

Es dauert eine gewisse Zeit, bis die Neureifen nach der Montage 100-prozentig fest an der Felge haften. Die Montagepaste, die eine beschädigungsfreie Montage der Reifen auf der Felge gewährleistet, muss erst trocknen. Daher sollten Neureifen auf den ersten 300 Kilometern möglichst ohne Kavalierstarts, sportliche Kurvenfahrten, hohe Geschwindigkeiten sowie heftige Bremsmanöver gefahren werden. Denn sollte sich der Reifen auf der Felge verdrehen, muss er vielleicht nachgewuchtet werden.

Risikofaktor falscher Fülldruck

„Bei zu geringem Fülldruck verliert der Reifen Grip, wodurch sich seine Bremswege verlängern“, warnt Norbert Allgäuer-Wiederhold. Auch Kurvenfahrten werden dann zum Wagnis. Denn mit jedem Zehntel bar weniger schrumpfen die Seitenkräfte der Pneus. Fehlender Luftdruck der Hinterräder lässt das Heck in Kurven ausbrechen und das Auto beim Spurwechsel unruhig reagieren. Darüber hinaus steigen bei einem zu geringem Fülldruck der Rollwiderstand und somit auch der Kraftstoffverbrauch an. Zudem verschleißt der Reifen schneller, und die Gefahr innerer Schäden wächst. „Aber auch ein Zuviel an Luft beeinträchtigt Leistungsstärke und Fahrsicherheit der Pneus“, weist Norbert Allgäuer-Wiederhold auf das gegenteilige Problem hin. „In diesem Fall wird der mittlere Bereich der Lauffläche ausgebeult. Ihre Ränder verlieren den Kontakt zur Straße. Die Folgen: Grip und Kurvenstabilität verringern sich, die Schleudergefahr steigt. Zudem reibt die Reifenmitte stärker ab.“

Winterreifen benötigen nur in Ausnahmefällen einen höheren Reifendruck

„Sommer- und Winterreifen benötigen gleiche Basisdrücke“, erläutert Norbert Allgäuer-Wiederhold. „Der Fahrzeughersteller legt den optimalen Reifendruck fest. Er hängt von der Reifengröße, der Beladung sowie dem Einsatz des Fahrzeugs ab.“ Lediglich bei einer längeren Kälte-Periode kann es sinnvoll sein, den Reifen mit 0,2 bar mehr zu befüllen, um den temperaturbedingten Minderdruck auszugleichen.

EU Reifenlabel – für Winterreifen richtig interpretieren

Die Qualität eines Winterreifens lässt sich nicht an seinem Äußeren erkennen. Erste Orientierung bietet das EU Reifenlabel. Darauf können Reifenkäufer die Leistung des Pneus in drei wichtigen Kategorien ablesen: Kraftstoffverbrauch, Nassbremsverhalten und Geräuschentwicklung. Dabei ganz wichtig: Die Labelwerte von Winterreifen dürfen nicht mit den Werten von Sommerreifen verglichen werden. Denn die auf Kälte und Schnee ausgelegten Mischungen und Profile haben mehr Funktionsschwerpunkte als ein Sommerreifen. Das kann dazu führen, dass Winterreifen auf dem EU Reifenlabel tendenziell schlechtere Werte aufweisen als Sommerreifen.

Wenn‘s perfekt sein soll: Erstausrüstungsreifen

Wer für sein Automodell optimale Winterreifen will, dem empfiehlt Norbert Allgäuer- Wiederhold den Kauf von OE-Reifen (OE = Original Equipment). Diese Reifen werden von Automobilherstellern in enger Kooperation mit führenden Reifenherstellern wie Pirelli individuell für ein spezielles Fahrzeugmodell entwickelt und sind daher perfekt darauf abgestimmt. „Ihre Qualität trägt wesentlich zu dem gewünschten Fahrverhalten des Modells bei“, betont der Reifenfachmann.

Echte Winterreifen erkennen: Auf die Schneeflocke kommt es an

Winter- und Ganzjahresreifen mit Produktionsdatum ab 2018 müssen auf ihrer Seitenwand das dreizackige Bergpiktogramm mit der Schneeflocke aufweisen, um rechtskonform zu sein. Für ältere Reifen, die nur das Kürzel M+S tragen, gilt ein Bestandsschutz bis Ende 2024.

In Deutschland gilt die situative Winterreifen Pflicht

„Selbstverständlich ist es ratsam, sein Auto zu Beginn der kalten Jahreszeit mit hochwertigen Winterreifen auszustatten, die noch eine Mindestprofiltiefe von vier Millimetern haben sollten“, empfiehlt Norbert Allgäuer-Wiederhold. „Doch gesetzlich vorgeschrieben ist das nicht.“ Konkret verlangt die Straßenverkehrs-Ordnung StVO bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte die Verwendung von wintertauglichen Reifen mit der entsprechenden Markierung. Sind die Straßen hingegen trocken und herrschen frühlingshafte Temperaturen, dürfen auch im Winter Sommerreifen gefahren werden.

Schmale Winterreifen sind nicht besser als breite

„Tatsächlich bieten breite Winterreifen mit einem guten Profildesign mehr Traktion“, räumt Norbert Allgäuer-Wiederhold mit einem Technik-Märchen auf. „Das bedeutet, die breite Aufstandsfläche kann die Antriebskraft des Motors besser in eine Vor- oder Rückwärtsbewegung umsetzen und natürlich auch besser bremsen. Schmale Reifen sind nur dann erforderlich, wenn im Radkasten mehr Platz für den Schneekettenbetrieb benötigt wird.“

Fazit

Tatsächlich waren alle sechs der eingangs aufgestellten Behauptungen über Winterreifen Märchen. Wer sein Auto jetzt auf hochwertige Winterreifen umrüsten lässt, senkt das Unfallrisiko und erhöht den Schutz für andere Verkehrsteilnehmer.