Wer besser fahren will, muss beim Bremsen anfangen. Wie gut Sie Ihr Motorrad kennen, zeigt sich daran, wie es reagiert, sich verhält und wie viel Grip die Reifen bieten.
Bremsen ist eine technische Herausforderung, bei der viele Faktoren zusammenspielen. Nur wer die Bremsen gezielt einsetzt, fährt schnell, präzise und sicher. Fehler beim Bremsen können fatale Folgen haben – das richtige Bremsen macht auf zwei Rädern den Unterschied.
Die wichtigsten Techniken und Schwerpunkte lassen sich in drei Regeln zusammenfassen, die wir im Folgenden erläutern.
Das Bremsen muss ausgewogen sein
Bei starkem Bremsen verlagert sich das Gewicht fast vollständig auf das Vorderrad, während das Hinterrad in Extremsituationen beinahe abhebt. Daher hört man oft den Rat: „Lass die Hinterradbremse weg, sie bringt nichts. “ Doch das ist ein Irrtum. Zwar übernimmt die Vorderradbremse den Großteil der Arbeit, doch die Hinterradbremse stabilisiert das Motorrad und verbessert die Kontrolle. Deshalb sollten Sie immer beide Bremsen nutzen: 70–80 % der Bremskraft gehören auf die Vorderradbremse, der Rest auf die Hinterradbremse. Dafür müssen Sie Ihr Bremssystem genau kennen, um die Bremskraft präzise zu dosieren. Dann verstehen Sie, wie stark und auf welche Weise beide Bremsen das Motorrad verzögern.
Beginnen Sie mit sanftem Druck (der „Angriff”)
Der „Angriff“ markiert den Start des Bremsvorgangs, den Moment, in dem Sie die Kontrolle übernehmen. Achten Sie auf die Vorderradbremse: Der erste Kontakt muss behutsam erfolgen, sonst reagiert das System zu abrupt. Die Gabel taucht dann zu schnell ein, was einen plötzlichen Rückprall der Federung auslöst. Dadurch verliert das Vorderrad an Gewicht und damit an Grip. Im schlimmsten Fall flattert die Vorderradaufhängung, was Bremsleistung und Stabilität weiter mindert. Der beste Ansatz beginnt daher mit einer sanften Berührung, die das Gewicht allmählich auf den Vorderreifen verlagert, damit er maximale Haftung aufbaut. Erst danach erhöhen Sie den Druck und passen ihn schrittweise an die verfügbare Haftung des Reifens an.
Die korrekte Körperhaltung und der Blick nach vorne
Beim Fahren sollten Sie stets die richtige Haltung einnehmen: Umklammern Sie den Tank mit den Beinen, halten Sie die Arme entspannt, stabilisieren Sie den Körper und richten Sie den Blick nach vorne. Das gilt nicht nur beim Bremsen. Eine gute Haltung bewahrt das Gleichgewicht, verteilt das Gewicht optimal und lässt Sie schneller auf Überraschungen reagieren. Zudem mindert sie die Ermüdung, da Sie mit dem Motorrad harmonieren, statt dagegen anzukämpfen. Die Beinklammerung am Tank gibt zusätzliche Stabilität, dient als Ankerpunkt und entlastet die Arme, sodass Sie präzise lenken können.
Weit vorauszublicken gehört zu den Grundregeln der Sicherheit. Es verschafft Ihnen Zeit, Ihre Fahrweise anzupassen und sich auf das Kommende einzustellen. Zudem lenkt das Motorrad oft dorthin, wohin Ihr Blick geht, da Körper und Hände unbewusst folgen und die Richtung bestimmen.ù
Zehn Punkte für weitere Einblicke
1. ABS: Moderne Antiblockiersysteme sind hocheffizient und bieten ein hohes Maß an Sicherheit. Allerdings vermag ABS die Möglichkeit eines Sturzes nicht vollständig auszuschließen: Es unterstützt und korrigiert, kann aber die Gesetze der Physik nicht außer Kraft setzen.
2. Kurven-ABS: Hochwertige Motorräder verfügen über ein System, das den Neigungswinkel in Kurven erkennt und das ABS daran anpasst, um die Bremsleistung auch in Schräglagen zu optimieren.
3. Kontrolle: ABS schützt und ist ein Verbündeter, aber kontrolliertes Bremsen ist unerlässlich. Dabei sind die Grenzen der Bodenhaftung zu beachten. Das System sollte nur in Notfällen eingreifen und nicht als „Grenze” verstanden werden: Wer es zu häufig aktiviert, bremst zu hart oder unkontrolliert.
4. Power: Jedes moderne Motorrad verfügt über ein kraftvolles Bremssystem. In Verbindung mit hochwertigen Reifen verkürzt der Bremsweg sich in jeder Situation deutlich, selbst auf schwierigem, rutschigem oder nassem Asphalt. Die wichtigste Eigenschaft ist daher nicht die Power, sondern ihre präzise Steuerung.
5. Modulation: Die besten Bremssysteme ermöglichen eine sanfte, stufenlose Steuerung und helfen Ihnen, die Bremskraft präzise anzupassen.
6. Panikbremsung: In Notfällen, etwa wenn ein Auto plötzlich ausschert, reagiert der Instinkt: Sie bremsen reflexartig und verlassen sich auf die Technik. Deshalb ist es entscheidend, dass Ihr Motorrad auf dem neuesten Stand ist und mit einwandfreien Reifen ausgestattet bleibt.
7. Hinterradbremse: Mit etwas Übung können Sie die Hinterradbremse einen Moment vor der Vorderradbremse betätigen. So belasten Sie die Vorderachse vor und bereiten das Motorrad auf das Bremsen vor – die Kurveneinfahrt wird dadurch stabiler.
8. Fahrbahn: Nutzen Sie die Hinterradbremse in der Kurvenmitte, um Ihre Linie zu korrigieren oder bei zu hoher Geschwindigkeit abzubremsen. Das ABS verhindert blockierende Räder und verringert so die Sturzgefahr.
9. Erfahrung: Machen Sie sich mit den Bremsen Ihres Motorrads vertraut, besonders bei einem neuen Modell. Üben Sie bei niedriger Geschwindigkeit, indem Sie die Bremsen einzeln betätigen. Beginnen Sie mit leichtem Druck und steigern Sie die Intensität allmählich.
10. Reifen: „Power ist nichts ohne Kontrolle“ – das Motto gilt auch beim Bremsen. Achten Sie darauf, dass Ihre Reifen in gutem Zustand sind, genügend Profiltiefe haben und stets den richtigen Druck aufweisen.