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Lernen sie den "Direktor" kennen: Paolo Roversi

Der gefeierte Fotograf berichtet über die Geschichte hinter den Aufnahmen für den Pirelli Kalender 2020

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Als einer der herausragenden Fotografen der Modewelt hatte Paolo Roversi viel Zeit, über die Natur der Schönheit nachzudenken. Bei den Aufnahmen für den Pirelli Kalender 2020 versuchte er, weitere schwer fassbare Konzepte zum Leben zu erwecken: Weiblichkeit, Zärtlichkeit und insbesondere Liebe.

Es sind diese Eigenschaften eines "weiblichen Ideals", die seiner Meinung nach in der Figur der Julia aus Shakespeares romantischer Tragödie Romeo und Julia verkörpert sind. Für "Die Suche nach Julia" besetzte er acht Schauspielerinnen und Models, um im 21. Jahrhundert dem Wesenskern von Julia näher zu kommen.

Vor seiner Kamera agierten Emma Watson, Yara Shahidi, Indya Moore, Rosalia, Claire Foy, Chris Lee, Kristen Stewart und Mia Goth.

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Wie sehen Sie Julias Charakter? 

Julia ist eine Frau mit einem hohen moralischen Wert, bereit, für die Liebe alles zu opfern. Sie heiratete ihren Feind. Sie war eine Rebellin, welche die Grenzen überschritten hat. In nur vier Tagen verwandelte sie sich von einem naiven, unschuldigen Mädchen in eine Heldin, die gegen alle kämpfte, um den Wert der Liebe zu retten und ihre Loyalität gegenüber ihrem Mann zu verteidigen.

Wie kam es zu der Idee, Julias Geschichte wieder darzustellen?

Die Idee zur Julia hatte ich, weil ich mich seit einigen Jahren mit den Themen Schönheit und Liebe beschäftige. Ich habe auch die Konzepte Weiblichkeit und Zärtlichkeit untersucht. Juliet verkörpert all das. Wenn ich an ein weibliches Ideal denke, dann ist Julia für mich eine der wenigen Figuren, die es erfolgreich verkörpert.

Haben Sie Julia am Ende gefunden?

Du kannst Julia nie finden, weil sie ein Traum ist, eine Imagination, nach der man sich nur sehnen kann. Man kann nie aufhören, einen Traum zu suchen, aber er ist schwer zu definieren, so wie Schönheit. Je näher du ihm kommst, desto tiefgründiger tritt ein Geheimnis zutage. So ist es auch bei Julia.

Lassen Sie uns über die Besetzung sprechen..... 

Das sind nicht nur erstaunliche Schauspielerinnen und Sängerinnen. Jede von ihnen hat eine Menschlichkeit und ein moralisches Ansehen von erstaunlichem Wert.

Es sind also ideale Frauen, um die Werte der Julia aufleben zu lassen ...

Sie sind ewige Werte. In jeder und jedem stecken ein Romeo und eine Julia. Es ist belebend, wieder jene Kraft zu entdecken, die aus der Vergangenheit kommt, die Gegenwart berührt und in die Zukunft projiziert wird. Sehr starke Werte wie diese werden immer real sein.

Verschwindet Romeo hinter so vielen Frauen?

Nein, selbstverständlich nicht. Romeo verschwindet nicht, er ist ein wichtiger Teil der Geschichte. Ohne Romeo gäbe es keine Julia, und wenn sie sich vereinen, werden sie gemeinsam zur Liebe.

Ist die Botschaft von Romeo und Julia noch relevant?

Der Kalender ist eine universelle Botschaft der Liebe und Schönheit, denn ich denke, Schönheit und Liebe kennen keine kulturellen und religiösen Grenzen. Sie sind universell.

Der Schauplatz ist Verona. Wie haben Sie ihn gefunden?

Verona ist die Bühne dieser Geschichte und bietet sich auch heute noch als idealer Rahmen an. Es ist, als ob die Geister von Romeo und Julia noch immer in den Straßen herumspuken. Es ist schwer, Verona anders zu sehen. Zumindest ist es das, was ich mit meinen Augen sehe und mit meinen Ohren höre. Die Stimmen von Julia und Romeo liegen in der Luft.

 

Wie war die Erfahrung, Aufnahmen für den Pirelli Kalender zu machen?

Für mich war es eine wunderbare Erfahrung, eine große Herausforderung sowie endlich die Möglichkeit, eine Geschichte zu erzählen. Denn oft ist meine Arbeit rein illustrativ, mehr ästhetischer Natur. Diesmal konnte ich eine komplette Geschichte erzählen, die es mir ermöglichte, mich von der einzelnen Fotografie zu lösen.

In der heutigen Welt der Smartphones hält sich jeder für einen Fotograf. Hat sich die Bedeutung der Fotografie verändert?

Fotografie ist kein mit einem iPhone aufgenommenes Bild. Sie ist eine Sprache, die nicht jeder spricht, nicht anders als Literatur, Musik und Malerei. Das Fotografieren selbst macht Sie nicht zu einem Fotografen. Das muss man jahrelang studieren und sein Herzblut dafür geben.